die

Mdh. gesitet, ahd. gesit: „geartet“; Zustand des „Gesittetseins“, „gesittetes Wesen, zivilisiertes Verhalten“, „Kultiviertheit“ oder „Anstand, Bildung, Geist, Höflichkeit“; auch „Moral, (sittliche) Haltung, sittliches Empfinden und Verhalten“, „Sittlichkeit“; somit Bezeichnung auch für die „Zivilisation“ einer Gesellschaft, d.h. für das durch die Erziehung und Bildung geprägte Verhalten: „die Gesittung eines Volkes“; siehe auch „Menschen der gleichen Gesittung“. „Die Gesittung schätzen die Frauen an einem Manne höher als die beste Bildung.“ (Wolf Ernst Hugo Emil Graf von Baudissin (1867–1926), Schriftsteller und Journalist, „Speemanns goldenes Buch der Sitte“, Spemann Verlag, Berlin 1901) „Niemals wird die Vernunft es vermögen, die Barbarei zu verwandeln in Gesittung.“ (Lion Feuchtwanger (1884–1958), Schriftsteller, „Goya oder der arge Weg der Erkenntnis“, 1951) „Zu der Gesittung der Zeit gehört auch die barocke Überhöhung der fürstlichen Personen.“ (Erich Auerbach (1892–1957), Literatur- und Kulturwissenschaftler, „Mimesis“, 1946)

das
das fortgesetzte Sorgen, ein „ewiges Gesorge für das Seelenheil"
spottweise, spöttelnd

Zu mhd. getrœsten, mnd. getrȫsten, „trösten, zuversichtlich machen, ermutigen“ für jemanden, der Hilfe und Beistand leistet oder einen zuversichtlichen Menschen; „mit Zuversicht, in der Zuversicht gegründet“; „getrost zu jm. gehen“, „getrost streiten“; „fordert nur getrost von mir Morgengabe und Geschenke“; auch „der getroste Muth / mit getrostem Muthe“, in der Bedeutung „die Fertigkeit, einer Gefahr mit Zuversicht entgegenzugehen“; zur Bezeichnung von jemandem (in Eigenschaftswörtern): „der sanftmüthige, der getroste, der liebreiche“; dazu als Aufruf: „Getrost!“, ein gewöhnliches Aufmunterungswort im Sinne von „seien wir hoffnungsvoll, guten Mutes, voll Zutrauen (auf günstige Fügung und Entwicklung im Vertrauen auf Gott)“;

Siehe dazu auch die etymologische Verwandtschaft von getrost mit trösten, Tätigkeitswort, und mit „getreu, trauen, getrauen“; getrost beinhaltet die Bedeutungsebene „vertrauensvoll“, von der sich wiederum die Sonderbedeutung „furchtlos“ ableitet („getröstet, ermutigt“) und zusätzlichen, Zuversicht stiftenden Sinn verleiht

Weitere Herleitungen aus dem Frühneuhochdeutschen: „vertrauensvoll in Erwartung von Künftigem, fest, sicher im Glauben oder in einer weltbezüglichen Erwartung“, mit der bereits erwähnten Verbindung von getrost zu „mutig, furchtlos, beherzt, starkmütig, unverzagt“, wie in „die getroste Hoffnung“, „die getroste Zuversicht“; auch im Herzen „freudig, wohlgemut, frohgemut“ sein;

 

Ebenso getröstet sein im Sinne des eigenen guten Zuredens bei innerer Einkehr: „getröstet, beruhigt“, wie in „schmerzlich trat ich herein, getrost entfern’ ich mich wieder“; so auch „gelassen, innerlich ruhig, friedvoll“, „ohne Bedenken“;

 

Den Mund vollnehmen, verwandt mit dem althochdeutschen gwon, mittelhochdeutsch giuden (prahlen) hängt im Sinne von den Mund aufreißen mit dem dt. gähnen zusammen; abgeleitete Bildungen geudel, geuder, geudig, geudung. Ursprünglich stand die Rede als Ausdrucksmittel der Prahlsucht im Vordergrund des Bedeutungsgehaltes, und von hier aus erklärt sich auch die Verwandtschaft mit greuen, gienen, gähnen. „schallen und geuden sint mir swære: man seit des phlegen tavernære; ja phlegents leider ouch diu kint die in guoten hoven sint. si schallent unde geudent mêre dan schœnin hovezuht si lêre. .. swenn si von hove komen sint ze herberge, daz unedel kint schallet 'wîn und met her! seht, ich gib daz, sô vil geb der, und mîn geselle ouch alsô vil', und übergêt geudent daz zil daz sîn geselle leistend ist, und müet in alsô zaller vrist.“ (Thomasin von Zirclaria, Der wälsche Gast, ca. 1200)

das

VERDREHTES WORT


Dieses Wort ist besonders interessant, besteht es doch aus drei Teilen: Ge-Wahr-Sein. Dies wahrnehmend bekommt man eine Ahnung von der tieferen, weitergehenden Bedeutung: „Ich bin das Gewahrsein“– heißt: „ich bin der unendlich weite Bewußtseinsraum“, der weniger definiert ist als das „Bewußtsein“.Hier berühren wir etwas, das wir noch nicht wirklich kennen, es ist noch nicht Teil unserer „bewußten“ Erfahrung. Zukünftiges klopft an die Türe! „Wir sind das Gewahrsein“ und werden dies mehr und mehr erleben, je mehr wir uns innerlich erweitern und entwickeln, öffnen und letztendlich mit dem „Erwachen“ oder der „Erleuchtung“ beschenken lassen.
Unser Leben ändert sich, weil wir uns ändern, weil wir bereit sind, uns selbst „wahr-zu-nehmen“, uns zu erweitern, zu wachsen und uns beschenken zu lassen. Unser Bewußtsein wächst mit der Sprache: Deshalb ist es äußerst wichtig, diese Worte, die unsere deutsche Sprache uns anbietet, wieder mit Leben zu erfüllen. Die eher alltägliche Ebene dieses Wortes: Ich „gewahre“ dies oder jenes, ich „bin mir gewahr“, im Sinn von: ich „sehe“ und „nehme wahr“. Auch hier gibt es einen – allerdings eher verborgenen – Aspekt des Wortes, der darauf verweist, daß hier etwas aus dem Unbewußten ins Bewußte geholt wird und „wahr wird“ – „ge-wahr-sein“. Wenn ich es „ge-wahre“ wird es „wahr sein“. Wir wollen diese neuen Zustände in Worte fassen – und Worte wie Gewahrsein unterstützen uns in unserem Bemühen. Denn interessanterweise „weiß“ unser Unbewußtes genau, was mit diesem Wort gemeint ist. Die „verlorenen Worte“ sind immer noch da, sie sind nicht vergessen, nur verdrängt. Vom „Un-Bewußten“ können wir sie wieder ins Bewußtsein holen – welch schöpferischer Akt!

das

Ahd. giwant, mhd. gewant, das Gewendete, das gefaltete Tuch, belegt seit dem Jahr 1000: Kleider, aber auch prächtige Kleidung zu besonderem Anlass „ich will gewiß in meinem Leben kein weißes Gewand anziehen; grün grün sind alle meine Kleider… So haben auch die Nymphen emaillirte Gewande an.“ (Bettina von Arnim, aus „Johann Wolfgang von Goethes Briefwechsel mit einem Kinde“) „Koennte er nochmal auf dieser Welt erscheinen, er wuerde gewiß nur dieses Gewand waehlen, das geweiht und geheiligt ist durch den Glauben…“ („Das Gewand des Erlösers. Enthüllung des Geheimnisses“, Sandring, 1845) Gewandhaus: Innungshaus der Leipziger Tuchmacher

Gefaßt, erwartend, „die Erfüllung eines bestimmten Anspruchs erwarten“, „auf etwas gefasst sein“, mhd. gewertec: „achthabend, dienstbereit“; Ableitung von einem im nhd. untergegangenen TW ahd. giwartēn (9. Jh.), mhd. gewarten: „schauend beobachten, sich bereithalten“; oder auch warten, „auf etw. gefaßt sein“ (16. Jh.), geläufig erst seit dem 18. Jh.

Ableitung von winden, Tätigkeitswort, und gewinden, „etwas drehen, wickeln“, „jmd. etwas durch kreisende Bewegung aus der Hand (gewaltsam) nehmen, wegnehmen“, „sich bewegen, sich drehen“, „ausweichen, sich um eine angemessene Antwort drücken“, mhd. winden, ahd. wintan, ger. wenda.

Weitere Bedeutung von gewunden, „verstärktes wunden“, in der Bedeutung von verwunden, Tätigkeitswort, „verletzen“ (besonders durch Waffen), mhd. verwunden; vgl. ahd. wuntōn, „verwunden“ (8. Jh.), mhd. wunden, nhd. wunden (dichterisch noch im 19. Jh.).

die
 
das

Bedeutet „kurzzeitige Behausung“, „bewegliche Unterkunft“, „Zelt“ oder „Zeltlager“. In der Dichtung wird „Gezelt“ gerne in Bezug auf den Himmel, also ein Himmelszelt, verwendet.

die

Geduld Im heutigen Sprachgebrauch vorrangig genutzt Ausharren, Langmut germ., mhd., gedulden geduldig dolen: aushalten, dulden, sind die germ. und im Deutschen verlorengegangenen Wurzeln für mhd., ahd. dulten. TW und ahd. Gidult, die: Es besteht eine Verwandtschaft zu dem lat. Fremdwort tolerare für tolerieren, ertragen welches von den Wörtern tholian, altsächs.,polian, angls., thola, anord.,pulan/pulaida, got.,teka, idg., alle mit der Bedeutung „ertragen“, abgeleitet wurde. Spätere Formen sind: dulden - Leid auf sich nehmen, nachsichtig gelten lassen, erdulden - ohne Widerspruch zulassen. Im „Etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache“ von Friedrich Kluge findet man unter dulden weitere germ. Ursprünge: thuldjian, thultjan mit der Bedeutung „Geduld haben“ sowie thuldi und gathuldi. Im „Chronologischen Wörterbuch des deutschen Wortschatzes, 8.Jhd“ von E. Seebold findet man dolentli - leidend, ungidolentlih - unerträglich, ebandolen - Mitleid haben Im Wörterbuch von Johann Spreng ist Geduld, die, folgendermaßen erklärt: „Zulassung, Nachsicht, da man mit gutem Willen und Wissen etwas geschehen läßt, Stillstand“. So scheint die Gidolen, „die Geduld“, und dolen, „etwas erdulden“, eine gewünschte, gern gesehene Eigenschaft zu sein. Doch wird bei all den Worterklärungen auch sehr deutlich, daß bei einem Übermaß an Gidolen das Maß der Erträglichkeit schnell überschritten werden kann. Dies wirkt sich schädlich für den Menschen und auf seine Umgebung aus, indem es in Wut oder Krankheit ausarten kann. Nicht für umsonst heißt es mundartlich „Ein gesundes Maß an Geduld“. Wir alle müssen uns tagtäglich in Geduld üben. Achten wir dabei auf uns und unsere Mitmenschen, so daß wir in unserer Mitte bleiben können.

die

VERDREHTES WORT

Ahd.: „etwas, das man jemandem gibt“, „Gabe, Unterstützung, Geschenk, Eingebung, Barmherzigkeit“.

Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Gift gilt in der deutschen Sprache als veraltet: Als Tätigkeitswort gift stammte es von „haben“ ab und wurde auch für Begriffe wie „begütert, reich, wohlhabend“ genutzt. Worte wie Gifter, „der Gebende“, und begiften für „begeben, beschenken“ sind ebenso veraltet. In dem heute noch gebräuchlichen Wort die Mitgift ist es uns erhalten geblieben: Es kann für alles eingesetzt werden, was „(jemandem etwas) mitgeben“, „jemandem etwas oder eine Eigenschaft mit auf den Lebensweg geben“ in seiner Bedeutung enthält.

Interessant an diesem Wort ist die Tatsache, dass es heute noch im englischen Sprachraum in diesem Sinne vorhanden ist und dort die ursprüngliche ahd. Bedeutung von „Geschenk, Gabe“ hat.


Gift, das
, Hauptwort, ahd. medizinisch-wissenschaftlicher Begriff für „natürlicher oder künstlicher Stoff, der bei der Einnahme eine schädliche bis tödliche Wirkung hat“. Dies ist die heutige noch einzige gebräuchliche Bedeutung für das Wort Gift, welche damals auch zeitgleich mit der ursprünglichen Bezeichnung für „Gabe“ genutzt wurde.

„Des Kaisers Wort ist grosz und sichert jede Gift,
doch zur Bekräftigung bedarfs der edlen Schrift.“

 (Johann Wolfgang Goethe (1749–1832), aus: „Faust II“, 1832)

„Du nimmst zuletzt doch auch
für deine Schriften,
so wie es ist der Brauch,
reichliche Giften.“

(Johann Wolfgang Goethe (1749–1832), Gedicht)

„Dieses sind die Gift und Gaben,
Die uns über allen Neid,
Wann wir lange sind vergraben,
Heben sollen jederzeit;
Diese Schätz’ und Güter machen,
Daß wir Hohn und Haß verlachen.“

(Martin Opitz (1597–1639), aus: „An Herrn Esaias Sperern“, Ausgewählte Dichtungen, S. 38–41, Leipzig 1869)

„Was beginnen? Werd ich etwa,
meinen Lebenstag verwünschend,
rasch nach Gift und Messer greifen?
Das sei ferne! Vielmehr muß man
stille sich im Herzen fassen.“

(Eduard Mörike (1804–1875), aus: „Trost“, Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, S. 750, München 1967)

„Nett, rein, glänzend, hell“; auch glan, „dünne, lucker“ (mhd. „luckern“ (14. Jh.), nhd. „lockern, vermindern, locken“), „schwammicht“ (auch „schwämmicht“, Stieler 1953; „schwammigt vom leder, das zu lange in der gare gelegen hat und zu weich geworden ist“ (nach Jacobsson); auch glan, gelan, „gelassen“ (nach J. J. Spreng); lt. Nikolaus Sparschuh („Berichtigungen zu Grimms Geschichte“) glain, „rein, heilig, durchscheinend, hell, glänzend“; daher glain nod als „ein ausgezeichneter Edelstein“, „Kleinod“; glan rein, glanau, „reinigen“; auch glesin, „gläsern“ und glas, „Bernstein“ (Seebold, 8. Jh.).

Weiter sind folgende Formen und Bedeutungen bekannt: das keltische Wort glain, „Kristall, Glas, Klarheit“, ebenso glaine; proto-keltisch glani als Quelle von glân, „sauber“, vgl. altirisch glain, irisch gloine, „Glas“.

Bei den Kelten gibt es ein Ei mit dem Namen Glain, welches den „Ursprung des Kosmos“ verkörpert. Nach der walisischen Herkunft bedeutet der Name Glain „Juwel“ und ist ein Mädchenname. In Bayern finden wir den rechten Nebenfluß der Nahe, die Glan. Das Glanrind ist eine seltene traditionelle Hausrinder-Rasse, welche in Rheinland-Pfalz beheimatet ist.

 

„Tacit […] sagt: Die Aestyi nennen den Bernstein glesum,
welches Wort wohl zusammenhängen
könnte mit glain, gloine, im Gälischen das Glas.“

(aus: „Ansichten über die keltischen Alterthümer, die Kelten überhaupt und besonders in Teutschland, so wie
den keltischen Ursprung der Stadt Halle“; von Chr. Keferstein, Band 2, C.A. Schwetschke und Sohn, 1848)

Glan-Seife

der

„Mut zum Glauben“, „aus religiöser Überzeugung entspringende Kühnheit“, „durch den Glauben gestärkter Mut“, „Lebenszuversicht, Weltvertrauen“; „erwachsen aus dem Empfinden und Bewußtsein eigener Geborgenheit und eigenen Stellenwerts im kosmischen Ganzen“;

den Ursprung des Wortes Glauben finden wir im althochdeutschen Wort loub, vorrangig mit der Vorsilbe gi- oder ge-, siehe gilouben, gelouben, mit der Bedeutung „glauben, gutheißen, sich etwas lieb und vertraut machen“.

„erneure unsern glaubensmut
zu deinen dornenwegen.“

 (M. Albert Knapp (1798–1864), Pfarrer, aus: „Evangelischer Liederschatz“, Stuttgart und Tübingen, 1850)

„schau wie dein neues volck mit festem glaubensmuth
vor dich (den könig) den himmel stürmt.“

(Johann Valentin Pitsch (1690–1733), Arzt und Dichter, aus: „Gebundene Schriften“, Königsberg, 1740)

„sie wandelte hochbeseelt
durch starken glaubensmuth,
bereit zum opfer von gut und blut.“

(Franz Stelzhamer (1802–1874), Dichter, aus: „Ausgewählte Dichtungen“, Wien-Pest-Leipzig, 1884)

„aber hoffst du, dasz sein herz
so vielen glaubensmuth und eifer hege?“

(Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), Dichter und Naturforscher, aus: „Sämtliche Werke“, Stuttgart, 1894)

Mut, der, Hauptwort, mhd., ahd., muot, „Sinn, Geist, Gemüt“, asächs. môd, „Gemüt, Inneres, Herz, Mut“, angls. mód, „Geist, Gemüt, Herz, Eifer“, got. môds, „Zorn, starke Seelenstimmung, heftige Erregung“; Grundbegriff des gemeingerm. Stammes môda, dessen Ursprung über das Germanische hinaus nicht mit Sicherheit zu verfolgen ist.

Im Wortfinder-Rundbrief 18_KW23/22 „Bewußtsein und Gewahrsein durch das Üben in Geduld“ sind wir bereits auf das Wort Mut bzw. Langmut eingegangen.