Die gefundenen Worte
Verlorene Worte
Auch nuska, nusca, ginusken, ahd. nusken, nuska, nusca, ginusken, mhd. nusche, nusta, nusten, Hauptwort und Tätigkeitswort: „Spange, Schnalle, Schlinge, Wickelmantel“, „zusammenhalten, verbinden“.
nusken ist im ahd. und mhd. mit verschiedenen Vorsilben zu finden, beispielsweise: gi-nusken: „verbinden, verknüpfen, sich einhüllen, sich verbinden, vereinbaren, übereinkommen, in Übereinstimmung bringen, übereinstimmen, zusammenknüpfen, zusammenschnüren“;
int-nusken, in-nusken: „aufbinden, abschnallen, aufmachen, losschnallen“;
umbi-nusken: „umschnallen, zusammenziehen, umbinden, durchziehen, dekorieren, schmücken“.
Die beiden Worte nusken und nuska können auch bildlich gesehen werden, wie z.B. als Beschreibung für eine Spange, die einen Zopf zusammenhält oder für eine Nußschale, die einen Nußkern umhüllt.
„dar zû er ime brengen bat
zwêne bouge und ein vingerlîn
und eine nusken guldîn,
meisterlich gewieret
mit golde wol gezieret
und einer rîchen frouwen gewant,
sô nie in daz lant
dehein bezerez quam.“
(Heinrich von Veldeke, herausgegeben von Ludwig Ettmüller, aus: „Dichtungen des deutschen Mittelalters“,
Achter Band, G. J. Göschen’sche Verlagshandlung, 1852)
„An dem einleften tage, des sul wir unsich wol gehaben,
so zerget vil sciere da diu werlt mit ist gezieret:
golt unde silber unde ander manech wunder,
nusken unde bouge, daz gesmide der frouwen,
golt vaz unde silber vaz, chelche unde chirch scaz,
so muz daz allez zergen daz von listen ist getan;
nu wizet daz iz war ist, iz zerget unde wirt ein vale wisk.“
(Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, herausgegeben von Hermann Paul
und Wilhelm Braune, Band VI, „Die fünfzehn Zeichen“, Max Niemeyer, Halle, 1879)
„Sprache der Mutter; Sprache, in die ein Mensch hineingeboren wird und in der er aufwächst“; „Sprache, die man als Kind zuerst lernt und am häufigsten gebraucht“, aber auch „im Gegensatz zu Tochtersprache; Sprache, aus der andere Sprachen entstanden sind“, von
mnd. mōdersprāke (1424) und älter moder tunge (um 1400; vgl. Ähnlichkeit zu engl. mother tongue), mlat. lingua materna.
Muttersprache ist eine Zusammensetzung aus dem Wort Mutter, die, Hauptwort, von ahd. muoter,
germ. mōder idg. māter, „Verwandtschaftsbezeichnung, leibliche Mutter bei Mensch und Tier, Schoß“ und dem Wort Sprache, die, Hauptwort, von ahd. sprāhha, mnd. sprāka, „Ausdruck von Gedanken in Worten, Rede“.
Bei dem Wort Muttersprache wird ebenso deutlich, daß es sich um die Sprache der Mutter und des Geburtslandes handelt. Wortverbindungen mit dem Wort Mutter beziehen sich auf etwas, aus dem etwas anderes entstanden ist, ganz im Sinne einer Geburt.
Die Mutter achten, schätzen
Der Begriff Mutterland ist eine heute nicht mehr übliche Bezeichnung. Es scheint im Sinne von Heimat seit dem 12. Jh. eine Veränderung hin zum Gebrauch des Wortes Vaterland gegeben zu haben. Die Begrifflichkeit Mutterland ist eher als Wurzel, als eine Art Geburtsort für etwas zu sehen, zunächst in Bezug auf den Menschen, aber in anderer Hinsicht auch auf die Sprache und andere Länder. Man kann das Wort Mutterland, wie bei J. C. Pfister in der Einleitung des Buches „Geschichte der Teutschen“ (1829) zu lesen, auch in der Bedeutung „Herz, zentrale Quelle“ oder „Mutter aller Länder“, die aus diesem einen Mutterland entstanden sind, verstehen.
Erläuterung in Grimms Wörterbuch: „Land, in dem die Mutter wohnt, Geburtsland“, weitere Erklärungen sind: „Stammland in Bezug auf Kolonien“, aber auch „Heimat; Land, in dem etwas seinen Ursprung hat“ und laut DWDS: „Land, dessen Staatsangehörigkeit eine Person mit abweichendem Wohnsitzstaat besitzt“.
Zusammengesetzt aus die Mummel, Hauptwort: Name der großblättrigen Wasserpflanzen nymphaea alba und lutea, denen Gespenstiges anhaftet (J. Grimm): schau, unsre bucht umwimmeln goldgelb und weisze mümmeln, beglänzt vom abendstral! (Voss 5, 150, erwähnt in Grimms Wörterbuch) 2. überträumen, Tätigkeitswort: etwas träumend durchdenken, nochmals überdenken …in deinem sanften, blauen, selig zitternden Silberlicht, jung und freudig, freudig und jung, stark in Sehnsucht, stumm vor Jubel, einsam, durch dunkel hochragende Bergwälder mit springenden Quellen, versteckten, mummelüberträumten, sagenumwobenen Schilfseen … (aus der Ballade „Frühlingsnacht“ von Arno Holz)
Jemand, der heimtückisch mordet und Dinge anzündet
siehe mondhell
... und viele, viele solcher Eigenschaftswörter mehr haben es unserer Wortfinderin Elisabeth besonders angetan: Wohl zu allen Zeiten, ganz besonders aber in der Epoche der Romantik, hat der Mond die Menschen verzückt. Ob als nächtliche Wegbeleuchtung oder Mittelpunkt sehnsüchtiger, trauriger oder schwärmerischer Träumereien: Kalt läßt uns der Mond trotz seines kühlen Lichts auch heute nicht. Über mondhell beschienene Pfade treten wir ein in mondblaue Nächte, beobachten die mondgrelle Spiegelung des bleichen Lichts in einem Teich – die „mondbeglänzte Zaubernacht“ (Ludwig Tieck) läßt uns wohlig seufzend unsere idealistische, schwärmerisch-romantische deutsche Seele fühlen. „Wie liegt im Mondenlichte Begraben nun die Welt; Wie selig ist der Friede, Der sie umfangen hält! Die Winde müssen schweigen, So sanft ist dieser Schein; Sie säuseln nur und weben Und schlafen endlich ein.“ (Ausschnitt aus: Theodor Storm, „Mondlicht“, ca. 1888) „Ich wandre durch die stille Nacht, Da schleicht der Mond so heimlich sacht Oft aus der dunklen Wolkenhülle, Und hin und her im Tal Erwacht die Nachtigall, Dann wieder Alles grau und stille.“ (Ausschnitt aus: Joseph von Eichendorff, „Nachts“, 1823)
Seelenverwandschaft eines Paares; weitere Bedeutungen: körperliche Stärke, Lebenskraft, Zeugungskraft, Wesensart, Lebensfrische, Macht, Gewalt, Gewalttätigkeit, Wirkungskraft, Wirkungsmacht, kosmische Kraft, Kraft der Naturdinge magen, Eigenschaftswort, Seelenverwandschaft zwischen Eltern und Kindern; weitere Bedeutungen: vermögen, kräftig sein, stark sein, kraftvoll sein, erstarken, kräftig werden, stark werden, stärker werden magin, Eigenschaftswort, Seelenverwandschaft zwischen anderen Menschen (also ferneren Verwandten oder nicht genetisch verwandten Menschen) davon abgeleitet: maginna (weibliche entfernte Verwandte), magminna (Verwandtenliebe), magmord (Verwandtenmord) (Gerhard Köbler, Althochdeutsches Wörterbuch und intuitive Eingaben von Christa) Unsere Wortfinderin Christa hat uns mit den Worten „magan“, „magen“ und „magin“ beschenkt und dazu geschrieben: „Ich fand diese Worte, weil ich einmal mit einem Menschen zusammenlebte, den ich vorher nicht kannte. Und das Zusammenleben war derart harmonisch und unkompliziert, daß es mich stutzig machte. Und ich fragte mich, warum das wohl zwischen uns so ist – das hatte ich so noch nie erlebt. Daraufhin bekam ich einen Gedankenblitz: ‚Eure Seelen wurden in der gleichen Zeitqualität geschaffen!‘ Da ich damit nichts anfangen konnte, kam der nächste Gedankenblitz: ‚Schau ins Althochdeutsche Wörterbuch nach den Worten magan, magen und magin.‘ Und ich fand diese Worte tatsächlich in dem Buch, doch sie wurden dort nur mit ‚verwandt‘ übersetzt. Daraufhin bekam ich obige weiterführende Erklärungen erneut als gedankliche Eingabe.“ Aufruf an euch: Wenn ihr mehr zu den drei Worten wißt, schreibt uns gerne eine E-Mail mit dem Betreff „magan, magen, magin“! Wir freuen uns schon auf eure Beiträge.
Ahd., auch Minna, nhd., „Liebe, Zuneigung, Verlangen, Kuß, Gnade, gütliche Handllung, Freundschaft“; aber auch „Liebesgöttin“, „Venus“; Minner, „Liebhaber, verliebter Herr“; Minnerin, „Liebhaberin“;
weitere Formen und Bedeutungen als Tätigkeitsworte: minnen, „lieben, küßen, heiraten“; minnalih, „lieb“; minnon, „verehren, schätzen“; minnontlih, „lieblich, liebend“; giminni, „geliebt, lieb“; minnebar, „liebenswürdig“; minnehaft, „liebesvoll, liebreich“; minnenwunt, „von Liebe Wund“; minnenzäm, „verliebt“; minnesam, „liebreich, liebenswürdig“.
Das Wort Minne steht als ein vielfältig genutzter Oberbegriff des uns heute gebräuchlichen Wortes „Liebe“. Die verschiedensten Formen der Liebe und alles, was damit in Zusammenhang steht, finden in Minne ihren Ausdruck. Die ursprüngliche Bedeutung könnte auf das einfache Wort Min, die Lippe, zurückzuführen sein. Es war üblich, Freundschaften und Liebesschwüre mit einem Kuß zu besiegeln. Deshalb ist es sinnvoll, für „Versöhnung“, „Frieden stiften“, „Freundschaft schließen“ oder „sich (die) Liebe zu gestehen“, ein gleiches Wort zu nutzen. Vielleicht ist aus dem Wort „Lippe“, mit dem der versiegelnde Kuß geschieht, das Wort „Liebe“ entstanden?
In vielfältigsten Wortverbindungen mit dem Wort Minne konnte man wunderbare, tiefe Gefühle bis hin zum Liebeskummer ausdrücken. Dafür einige Beispiele:
Minneger, „Liebespfeil“; Minnegenosß, „Günstling, Liebling“; Minnontlihhi, „Lieblichkeit“; Minnegöttin, Minnegott, „Liebesgöttin, Liebesgott“; Minnekind, „ein außer der Ehe gezeugtes Liebeskind oder Pflegekind“; Minnelied, „Liebeslied“; Minnemutter, „Pflegemutter“; Minnesame, „Lieblichkeit, liebreizendes Wesen“; Minnesang, „Liebesgesang“; Minnesteren, „Liebesstern“; Minnezoren, „Liebeszorn, Liebeseifer“.
Den meisten ist wohl das ahd. Wort Minne aus dem Mittelalter durch den Minnegesang oder Minnesang bekannt. Mit eindrucksvollen Texten und Liedern entdeckten Dichter im hohen Mittelalter die Liebe für sich. Zwei der bekanntesten Minnesänger sind Walther von der Vogelweide (um 1170 bis um 1230) und Heinrich von Morungen (Ende 12. Jhd. bis um 1222).
Magengrummeln, Unwohlsein im Magen
Undefinierbare, hässliche Farbe
Junger Hase, übertragen für lebhafter, junger Mensch
Vom Tunwort hudeln (Grimms Wörterbuch): „nachlässig arbeiten, pfuschen, wie ein Nichtsnutz handeln“ (16. Jh.), eigentlich „nach Art eines Fetzens, Lumpens verfahren“; zu spätmhd. hudel, mhd. huder: „Lappen, Lumpen“. Weiter bedeutet sich hudeln „sich mit etwas plagen, quälen“; aber auch: „schlottern, baumeln, reißen, lumpig sein“. Vor allem im österreichischen Sprachraum ist die Bedeutung „hektisch sein“ verbreitet. Der Hudel ist überdies ein Schimpfwort für einen nichtsnutzigen Menschen, ähnlich dem Lump. Die Lobhudelei ist somit eine sehr zweifelhafte Form des Lobs, das in übertragenem Sinn also etwas Gequältes, Übertriebenes, Unehrliches in sich birgt und nur im Gewand eines Lobes daherkommt, in Wahrheit aber gar keines ist. „Ich schreibe hier eben keine Festschrift oder sonstige akademische Lobhudelei, sondern schildere die Dinge, wie sie lagen oder wie sie sich meinen Augen dargestellt haben.“ (Richter, Alfred: Aus Leipzigs musikalischer Glanzzeit. Erinnerungen eines Musikers. In: Simons, Oliver (Hg.): Deutsche Autobiographien 1690–1930. Berlin: Directmedia Publ. 2004 [1913]) „Die Knaben liefen im Sommer ohne Schuhe und trugen – entgegen damaligem Gebrauch – auch keine Hüte. Ihre Kleidung sollte ihre natürlichen Bewegungen nicht hemmen. Aufstachelung des Ehrgeizes, Lobhudelei, Demütigungen, Zorn, Mißtrauen und Körperstrafe waren verpönt.“ (Dr. Arthur Brühlmeier, aus: „Johann Heinrich Pestalozzi, 12. Januar 1746 - 17. Februar 1827. Ein Lebensbild“)
Von liebkosen: streicheln, zärtlich sein; jmdm. sein starkes Gefühl der Zuneigung durch vertrauliche Zärtlichkeiten ausdrücken kosen, Tunwort: zärtlich sein, streicheln. Herkunft aus dem Lateinischen von causārī, spätlat. auch causare einen Grund vorbringen, vorschützen, ablehnen, Klage führen (mit volkstümlicher Aussprache des au als ō) wird ahd. kōsōn sprechen, reden, erzählen (9. Jh., bikōsōn, 8. Jh.), mhd. kōsen sprechen, plaudern entlehnt. Dieser Vorgang muß sich vor den Erstbezeugungen vollzogen haben, da sich das ahd. Tunwort semantisch weit vom lat. Ausgangswort entfernt hat; aus bei einer Streitsache gewandt reden, argumentieren wird bloßes reden, erzählen. Das selten bezeugte Hauptwort ahd. kōsa bedeutet Gespräch, Erzählung (9. Jh.) und steht semantisch unter dem Einfluß des Tunworts. Frühnhd. kosen erhält auch den Sinn liebhaben, streicheln, wird jedoch im 17./18. Jhdt. selten. Daneben steht die Zusammenrückung liebkosen streicheln, zärtlich sein, mhd. liepkōsen jmdm. zuliebe sprechen, traulich, liebevoll reden, dann auch schmeicheln, aus der im 18. Jh. einfaches kosen in seiner heutigen Bedeutung neu belebt bzw. rückgewonnen wird. Kosename, Hauptwort: liebevolle, vertrauliche Anrede (19. Jhdt.) „Auf den Bergen lag dichter bläulicher Herbstnebel; er schien liebkosend festgehalten zu werden in den unzähligen Wipfeln der Buchen und Eichen…“ (aus: „Trotzige Herzen“, Roman von W. Heimburg, Die Gartenlaube 1897) „Wer denn anders als du?“ antwortete liebkosend das Kind. „Liebt mich denn wohl Jemand auf Erden gleich dir, du liebe freundliche Mutter?“ (Deutsches Lesebuch, George J. Adler, Heinrich Gottfried Ollendorff, 1869)