Die gefundenen Worte
Verlorene Worte
Im Kampf Gestorbene
Mhd. geswinde bedeutet ursprünglich „ungestüm, heftig, kräftig“, aber auch „plötzlich, jäh, unvermutet“ sowie „rasch entschlossen, schlagfertig, behende in Gedanken, gewandt, klug“. Das Wort entstammt lt. Grimms Wörterbuch dem Kriegerleben und hat eine Reihe verwandter Begriffe durchlaufen bis hin zur Bedeutung der schnellen Bewegung. „wer aus hoch verboster art vertrawte sachen offenbart und aus geschwinder bitterkeit.“ (Ringwaldt, Quelle: DWDS) „da niemand thun mag, was er wil, da geht es zu geschwinde; da jeder thun mag, was er wil, da geht es zu gelinde.“ (Logau, Quelle: DWDS)
„Gemeinschaftlich, gemeinsam“. Das Wort gemeinbar ist wohl schon nach dem 17. Jahrhundert aus dem Sprachwortschatz der Deutschen verschwunden. Es wurde letztmalig in Kaspar von Stielers Werk „Der Deutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs, oder Teutscher Sprachschatz…“ von 1691 aufgeführt.
Bedeutungsgleich mit gemeinschaftlich, Eigenschaftswort, „zu einer Gemeinschaft gehörig, gemeinsam, miteinander, zusammen, eine Gemeinschaft betreffend“; aber auch gemeinsam, Eigenschaftswort, „für mehrere in gleicher Weise geltend, gemeinschaftlich, miteinander, zusammengehörend, mehreren zugleich gehörend“.
Eine Verbindung aus: gemein, Eigenschaftswort, ein altes edles Wort, das seiner Bedeutung u.a. entlehnt wurde, urspr. „gemeinschaftlich, allgemein, gemeinsam“, aber auch „niederträchtig, unanständig, niedrig gesinnt, unfein abwertend vulgär,“ in Kindersprache „fies, schofel“; ahd. gimeini: „zuteil geworden, zugleich, bestimmt, gemeinschaftlich, allgemein, gemeinsam, übereinstimmend“ (8. Jh.), mhd. gemein(e): „gemeinschaftlich, bekannt, allgemein, zusammengehörig, vertraut, für alle eingerichtet, gewöhnlich, niedrig, zur Masse gehörig“;
und: bar, Eigenschaftswort, im übertragenen Sinn „bloß“, „nichts als, ohne etwas, nackt, unbedeckt“, z.B. Geld: „unmittelbar verfügbar“, ahd. und mhd. bar (10. Jh.): „nichts als, offen daliegend, offen vor Augen liegend, frei von, nackt, bloß, unverhüllt, ohne etwas, rein“.
Gemeinbar als Wort auf der Herzensebene, gefühlt und in Bedeutung von „die Kraft im Miteinander, in der Gemeinschaft“.
„Es wird aber seine Tugend schwerlicher gefunden / als die /
so würdig ist auff den Reichs-Thron gesetzt /
und mit Frohn-Geld besoldet zu werde / so wohl / weil andere geheim sind /
diese aber gemeinbar ist; dannenhero jene weniger / oder gar seiner /
diese aber aller Augen Urtheilunterworffen ist: …“
(Johann Weber (1612–1684), aus: „Wappen der Königlichen freyen Stadt Epperies“, 1668, S. 120/121)
„Ich betheure Dir hier – und öffentlicher kann ichs doch nicht –
daß ich da wo ich auteur critique zu seyn scheine oder wirklich bin,
die Provinz in welcher ich lebe, immer nur insofern meine als die
das jedesmal Tadelswerthe mit andern Provinzen gemeinbar;
daß ich in keiner meiner Schriften mir Persönlichkeiten erlaube,
und daß ich alle Unspielungen von Herzen hasse auch Diejenigen,
welche nur ein Krais Vertrauter verstehn würde.“
(Rochus von Liliencron (1820–1912), Germanist und Musikhistoriker, „Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert“, Band III, S. 268, Verlag von J. C. W. Vogel, Leipzig, 1869)
Früher: verschiedene Metalle wie Gold, Silber, Kupfer; später: kleine Metallwaren, edler Schmuck
„Äußere männliche Genitalien“, Ursprung ist das ahd. gimaht f. (9. Jh.), das überwiegend in der Einzahl gimahti verwendet wurde (bis ins mhd. und nhd.): „Zeugungskraft (des Mannes)“, mhd. gemacht, asächs. gimaht, mnd. gemacht, gemechte, mnl. gemachte: Ableitung von Macht.
Weitere mögliche Bedeutungen von Gemächt (Quelle: wortbedeutung.info): „äußere Genitalien des Mannes (Hoden und Glied)“, „weibliche Geschlechtsorgane“, „Gatten, Paar“, „Wesen, Geschöpf“, „Testament“, „Morgengabe“, „Vertrag, Abkommen, Vereinbarung, Verabredung“, „Zusammenrottung, Aufruhr“; „Also gesoten vnd zerbrochen mit weyn vnd gerüret, würt eyn gut pflaster für die apostem vnd geswulst des gemächts.“ (Bibliographie: Gerhard Eis, „Die Groß-Schützener Gesundheitslehre“, Studien zur Geschichte der deutschen Kultur im Südosten. Brünn / München / Wien 1943, Südosteuropäische Arbeiten 36).
„Du weißt was für ein schwaches Gemächt wir sind. Laß wie sie ist die Fürsprach deines Sohnes vor mich bei dir hochgültig sein.“ (Sigmund von Birken, „Heiliger Sonntags-Handel und Kirch-Wandel“, Nürnberg, 1681) „Weistum von Baumkirchen in Tirol, Tirolische Weistümer I 192: darnach so soll man suchen zu einem jeden haus und alle gemächt öffnen und wo sich einer oder mehr darin wiedert oder setzen wolt und nit suchen lassen, auf den oder dieselben da soll man der verlurst halben die zicht auflegen und haben.“
(Heinrich Brunner, „Deutsche Rechtsgeschichte“, Bd. 2. Leipzig, 1892)
„Es finden sich bißweilen im Anfang dieser Kranckheit Bubones, Beulen oder Schlieren / bißweilen aber kommen solche etliche Tage nach angefangener Kranckheit an der Inficirten Leibern herfür / aber unter den Armen und an den Heyldrüsen / oder auch an den Schenckeln bey dem Gemächt / lassen sich solche gemeiniglichen antreffen / welche in der Cur auff mancherley Manier tractirt werden.“
(Johann Jacot Bräuner, „Pest-Büchlein“, Frankfurt am Main, 1714)
Span. galán („Liebhaber“), franz. galant („zuvorkommend, amourös“); altfrz. galer („lustig sein, feste feiern“); Bedeutung: Liebhaber, Buhle; „herausgeputzter“ Mann, der sich mit besonderer Zuvorkommenheit um seine „Auserwählte“ bemüht; siehe auch „galantes Liebesverhältnis“, frz. galanterie („Aufmerksamkeit“): „ein dama schön in garten gehn thät früh an einem morgen, und hielte rat wie früh und spat sie könnte sein ohn sorgen, weil ihr galan gar emsiglich zu dienen ihr bemühet sich, dem sie doch nicht mit liebespflicht sich möchte obligieren.“ „Ists nicht ein mann, seis derweil ein galan.“ (Goethe)
Hohlmaß für Wein; die Ladung eines großen Wagens mit landwirtschaftlichen Gütern; Gewichtsmaß für Salz
Wie auch holdselig, friedselig (Gegensatz: „feindselig“); eine freundschaftliche, wertschätzende, „freundselige“ Begegnung oder auch zuversichtliche Begebenheiten:
„[…] und doch kan der tag nit lang mehr verweilen, die freundselige schatten mit seinen strahlen zu verjagen.“
(Servius Tullius, München 1685)
„Er ist mir sehr freundselig begegnet.“
In jungen Jahren durch Falten älter aussehend
Aus einem Heimatgedicht entnommen, Ausdruck einer unbeschwerten, großen Freude und einer Leichtigkeit des Lebensgefühls:
„Junge götter der freude schwebet, alle schwebt heran im tanz, flattert um ihn her und webet einen freudenblütenkranz.“
Verhält sich zu flinken wie blinkern zu blinken, flimmern zu flimmen: Eine beispielsweise durch Sonneneinstrahlung glänzende, glitzernde, optisch sichtbar Wärme abstrahlende Oberfläche. „sist aber von perlen und edlem granat, schau wie das flinkert in der sonnen!“ (Friedrich Schiller; aus: „Deutsches Wörterbuch“ von Jacob und Wilhelm Grimm) „…flinkernd, spitzig, schmalschlank schmucken Türmchen…“ (Arno Holz, aus der Ballade „Frühlingsnacht“, 1926)
Zusammengesetzt aus „die Ferse“, Hauptwort, ahd. fersna, fersana (um 800), mhd. versene, verse: für „Hacke, hinterer Teil des Fußes, Strumpfes oder Schuhs“, und „das Geld“, ahd. gelt: Zahlungsmittel in Form von Münzen und Banknoten; Redewendung „Fersengeld geben“: „fliehen, sich davonmachen“; „er machte kehrt und gab Fersengeld“: „auf schimpfliche Weise fliehen“, gleichbedeutend mit der Redensart „das Hasenpanier ergreifen“, „die Beine in die Hand nehmen“; Grundlage ist das alemannische Recht: derjenige, der seine Mitkämpfer in Gefahr verließ und so in Lebensgefahr brachte, musste „160 Solidus“ (alte Goldmünze) als Strafe zahlen, weil er „dem Feinde die Fersen gezeigt hatte“; in Schlesien mit der Bedeutung: „soviel als seinem Vordermann auf die Fersen treten, um ihn zu schnellerem Gehen zu veranlassen“.
„Beide kriegerischen Haufen gaben aber gleicherweise Fersengeld, sobald die Wachen in den Straßen auftauchten.“ (Heinz von Cramer (1924–2009), Germanist und Pädagoge, „Die Konzessionen des Himmels“, 1961)
„Die Thore wurden nun geschlossen; einer von den Geladenen, Nahmens Schmeckenwitz, kam zu spät, und wollte mit Gewalt noch eingelassen werden, mit der Aeußerung, daß er auch zu den Gästen gehöre, wurde aber von dem Thorwärter gewaret, und so nahm er gern das Fersengeld.“ (Peter Leardi, „Reihe aller bisherigen Erzbischöfe zu Salzburg […], sammt einer kurzen Geschichte dieser Bisthümer vom Jahre 582-1817“, Alois Tusch, Grätz 1818, Seite 51)
„Das Fersengeld ist oft die beste Münze.“ (Karl Friedrich Wilhelm Wander (1803–1879), Pädagoge und Germanist, „Abrahamisches Parömiakon oder: Die Sprichwörter des Abraham a Sancta Clara“; Kohn, Breslau 1838; Zitat von 1573)
Bekannt aus dem Lied „Horch, was kommt von draußen rein…“ (Text und Melodie: aus Baden, 19. Jhd.)
D’ Leute haben’s oft gesagt, hollahi, hollaho! Daß ich kein fein’s Liebchen hab, hollahijaho! Laß sie red’n, ich schweig’ fein still, hollahi hollaho! Kann doch lieben, wen ich will, hollahijaho! Wenn ich dann im Himmel bin, hollahi, hollaho! Ist mein Liebchen auch darin, hollahijaho! Denn es ist ein alter Brauch, hollahi, hollaho! Was sich liebt, das kriegt sich auch, hollahijaho!
Bedeutung: „Feinsliebchen“, „feins Liebchen“ oder „feines Liebchen“ – Wörter, die den Traum an ein schönes, romantisches und feinsinniges Deutschland beschwören. Mindestens sechsundzwanzig Mal kommt das Wort „Feinsliebchen“ in „Des Knaben Wunderhorn“ der Verfasser Clemens Brentano und Achim von Arnim vor (erschienen von 1805 bis 1808). Es wurde im 19. Jahrhundert häufig in der Lyrik verwendet, darunter auch als veraltetes Synonym für den Begriff „Geliebte“. 1893/94 verfasste z.B. Johannes Brahms ein wohl bekanntes Volkslied mit dem Titel: „Feinsliebchen, du sollst mir nicht barfuß geh‘n“. Der gedachte mysteriöse Zusammenhang zwischen deutschen Frauen und dem alten schönen Klang war nirgendwo anschaulicher als beim „Feinsliebchen“. Das Wort wurde begeistert aufgenommen, nachdem es einmal mit dem „Wunderhorn“ Zugang zur dichterischen Welt erhalten hatte. Heinrich Heine übertrifft in seinem lyrischen Band „Buch der Lieder“ (1827) Arnim und Brentano noch mit der Zahl seiner „Feinsliebchen“: „Feins Liebchen weint; ich weiß warum, und küß’ ihr Rosenmündlein stumm.“ Auch ihm sagt man nach, er hätte viele „Feinsliebchen“ gehabt.
Heute dürfen wir das Wort „Feinsliebchen“ für uns in all seinem feingliedrigen, romantischen Ausdruck fernab jeden Klischees verwenden. Es zeigt sich wie ein romantischer Ruf aus zauberhafter Ferne und bezeichnet heute wie damals unsere große Liebe, unser „Herzallerliebstes“, unser „Feinsliebchen“ aus tiefster inniger Verbindung und Zuneigung.
Weitere Verwendung:
„Was soll ich länger weilen, Daß man mich trieb‘ hinaus? Laß irre Hunde heulen vor ihres Herren Haus! Die Liebe liebt das Wandern, Gott hat sie so gemacht – von einem zu dem andern – Fein Liebchen, gute Nacht!“
(Wilhelm Müller, „Winterreise“, 1823)
„Es stehen zwei Sternlein an dem Himmel, scheinen heller als der Mond , Der ein’ scheint vor Feinsliebchens Fenster, Der andere vor die Kammerthür.“
(Georg Büchner, „Dantons Tod“, 1835)
Mhd. geværde, althochdeutsch gifārida = Heimtücke, Falschheit; zu mittelhochdeutsch vāre, althochdeutsch fāra, Gefahr; auch in Bedeutung von Unsicherheit, Arglist, Hinterhältigkeit:
"in fährden und in nöthen zeigt erst das volk sich echt, drum soll man nie zertreten sein altes gutes recht."
"dagegen ich ein reisemüder mann, der sehnlich wünscht, nach manigfachen fährden, zum port des ehstands eingelotst zu werden."
„ […] darum schwör ich feierlich und ohn alle fährde.“
Mhd. klecken: „platzen, krachen, bersten“, „sich spalten“, „klecksen, klatschen“; „Kleckse, Flecke machen, kleckern“, gebr. im Sinne von „mühsam vorwärtsgehen, langsam vorankommen“; auch „ausreichen“, „genügen“; zu heute nur noch mundartlichem klecken: „(Flüssigkeiten) geräuschvoll, tropfenweise fallen lassen“, „Flecken machen, schmieren“, so auch in der Bedeutung von „gut vonstattengehen“; verwandt sind der Klack, Hauptwort, ahd. (11. Jhdt.), mhd. klac: „Riß, Spalt, Knall“, „Klecks“, entsprechend klack schallnachahmend für einen klatschenden Ton, z.B. beim Aufprall einer tropfenden Masse, auch Doppelung klack klack für einen harten und kurzen Ton. „zwei knaben gruben auf der brach von einem weizenfeld einst einem hamster nach, der in den vorgen sommertagen, wie sich vermuthen liesz, erklecklich eingetragen.“ (In: Weisze, „briefw. der fam. des kinderfreundes“) „es hat ein erkleckliches eingetragen.“ (In: Friedrich Gottlieb Klopstock 12, 353) „Es war ein schöner, aber auch sehr heißer Tag, und nachdem Minns die Fleetstraße, Cheapside und Threadneedlestraße auf der Schattenseite mühsam durchwandert hatte, war er erklecklich warm und staubig geworden, und obendrein wurde es spät.“ (In: Charles Dickens, „Londoner Skizzen“, tredition, Ausgabe Hamburg 2011)