Die verlorenen Worte
gemeinbar
„Gemeinschaftlich, gemeinsam“. Das Wort gemeinbar ist wohl schon nach dem 17. Jahrhundert aus dem Sprachwortschatz der Deutschen verschwunden. Es wurde letztmalig in Kaspar von Stielers Werk „Der Deutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs, oder Teutscher Sprachschatz…“ von 1691 aufgeführt.
Bedeutungsgleich mit gemeinschaftlich, Eigenschaftswort, „zu einer Gemeinschaft gehörig, gemeinsam, miteinander, zusammen, eine Gemeinschaft betreffend“; aber auch gemeinsam, Eigenschaftswort, „für mehrere in gleicher Weise geltend, gemeinschaftlich, miteinander, zusammengehörend, mehreren zugleich gehörend“.
Eine Verbindung aus: gemein, Eigenschaftswort, ein altes edles Wort, das seiner Bedeutung u.a. entlehnt wurde, urspr. „gemeinschaftlich, allgemein, gemeinsam“, aber auch „niederträchtig, unanständig, niedrig gesinnt, unfein abwertend vulgär,“ in Kindersprache „fies, schofel“; ahd. gimeini: „zuteil geworden, zugleich, bestimmt, gemeinschaftlich, allgemein, gemeinsam, übereinstimmend“ (8. Jh.), mhd. gemein(e): „gemeinschaftlich, bekannt, allgemein, zusammengehörig, vertraut, für alle eingerichtet, gewöhnlich, niedrig, zur Masse gehörig“;
und: bar, Eigenschaftswort, im übertragenen Sinn „bloß“, „nichts als, ohne etwas, nackt, unbedeckt“, z.B. Geld: „unmittelbar verfügbar“, ahd. und mhd. bar (10. Jh.): „nichts als, offen daliegend, offen vor Augen liegend, frei von, nackt, bloß, unverhüllt, ohne etwas, rein“.
Gemeinbar als Wort auf der Herzensebene, gefühlt und in Bedeutung von „die Kraft im Miteinander, in der Gemeinschaft“.
„Es wird aber seine Tugend schwerlicher gefunden / als die /
so würdig ist auff den Reichs-Thron gesetzt /
und mit Frohn-Geld besoldet zu werde / so wohl / weil andere geheim sind /
diese aber gemeinbar ist; dannenhero jene weniger / oder gar seiner /
diese aber aller Augen Urtheilunterworffen ist: …“
(Johann Weber (1612–1684), aus: „Wappen der Königlichen freyen Stadt Epperies“, 1668, S. 120/121)
„Ich betheure Dir hier – und öffentlicher kann ichs doch nicht –
daß ich da wo ich auteur critique zu seyn scheine oder wirklich bin,
die Provinz in welcher ich lebe, immer nur insofern meine als die
das jedesmal Tadelswerthe mit andern Provinzen gemeinbar;
daß ich in keiner meiner Schriften mir Persönlichkeiten erlaube,
und daß ich alle Unspielungen von Herzen hasse auch Diejenigen,
welche nur ein Krais Vertrauter verstehn würde.“
(Rochus von Liliencron (1820–1912), Germanist und Musikhistoriker, „Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert“, Band III, S. 268, Verlag von J. C. W. Vogel, Leipzig, 1869)