Die verlorenen Worte

Born

der
Hauptwort
2022
22-22

Nhd., „Brunnen, Quelle, Förderanlage für Grundwasser“, auch poetisch genutztes Wort für „Brunnen“; das ahd. Wort Brunno für „Brunnen, Quelle“ findet man bereits im „Chronologischen Wörterbuch des deutschen Wortschatzes / Der Wortschatz des 8. Jahrhunderts (und früherer Quellen)“ von Elmar Seebold; weitere Formen für Born sind beispielsweise: burn(e), mhd.; borne, mnd.; burna, altfries.; burne.
 

Wir fanden dieses Wort im Gedicht „Der Arbeit Segen“ von Ernst Scherenberg, welches wir in diesem Rundbrief vorstellen, in folgender Zeile:

 „Der Born, der Andre labend netzte,
Versiegt’ an seiner Lippe Rand.“

 Mit -born als Nachsilbe gibt es viele Wortbildungen: „Jungborn, Kraftborn, Lebensborn, Leidensborn“ sowie „Wissensborn, Zauberborn, Glaubensborn“, welche in ihrer Bedeutung immer den Bezug zu „Quelle“ aufweisen; so hat „Jungborn“ beispielsweise die Bedeutung „Quell der Jugend“.

 

Wie gut es sich anfühlt, seine Arbeit, seine Berufung oder Bestimmung als „Quell der Freude“, als „Born der Lebensfreude“ im Sinne eines „künstlerischen und sinnstiftenden Schaffens“ bezeichnen zu können! Wir Wortfinderinnen empfinden bei unserem Wirken genau dieses Gefühl und sind dankbar dafür. 

 

Auch in unseren deutschen Ortsnamen findet man sehr häufig das Wort Born, wie beispielsweise in: PaderbornBorna, Bornstedt, Bornhagen oder Bornhof. Im Buch „Die wahre Bedeutung der deutschen Ortsnamen“ von Rainer Schulz findet man dazu folgende Erklärungen: 

 

„Wie wir u. a. aus der Edda, dem Nibelungenlied oder dem Heliand wissen, ist das Wort Born (gleich dem Lebensborn, sprich die ‚Quelle‘), auch gleichbedeutend ‚Wasser‘, denn ohne Wasser kein Leben. So finden wir heute in hunderten von Orten einen Bornweg oder eine Borngasse, die zu einem bestimmten Platz führt. Wir müssen jedoch aufpassen, ob dort wirklich ein alter Brunnen bzw. eine Quelle liegt oder ob die Urkundenschreiber im Zuge der Christianisierung aus Unkenntnis das Wort Buren (Anm. der Wortfinderinnen: Bur, der, Hauptwort, ahd., ‚Landmann, Nachbar, Bewohner, Bauer‘) mit Born oder ‚Brunnen‘ vertauscht haben. Auch kann es sich um den Versammlungsplatz der Buren handeln. Es muß schon ein Born besonderer Art sein, ein heiliger Born, der immer die Verbindung mit der Thing-Malstatt (Anm. der Wortfinderinnen: Ort der Gerichtsverhandlungen) herstellt. 

 

Die Erzgebirgler nennen heute noch Weihnachten ‚Bornkinnl‘, das Fest des geborenen Kindes. Der Heliand-Dichter nennt Christus ‚godes egan burn‘ (= Gottes eingeborenen Sohn).“

 

Vielleicht ist es möglich, daß Born nicht nur die Bedeutung einer physischen Quelle innehat, sondern daß der Gehalt dieses Wortes viel umfassender ist und die Bedeutung „geboren, Geburt“ in sich trägt. So wie wir auch im Englischen heute noch das Wort „(to be) born“ für „geboren, geboren werden“ finden. Eventuell ist dieser Sinn der Ursprüngliche, da, wie es Rainer Schulz ebenso beschreibt, es ohne Wasser kein Leben geben kann.

Arbeit

Zu finden in: Verlorene Worte